Demenz - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste (2024)

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Demenz ist durch zunehmende Defizite in kognitiven, emotionalen und sozialen Bereichen gekennzeichnet. Die häufigste Demenzform ist die Demenz bei Alzheimer-Krankheit.

Demenz: Übersicht

Definition

Epidemiologie

Ursachen

Pathogenese

Symptome

Diagnostik

Therapie

Prognose

Prophylaxe

Hinweise

ICD-10 Code

  • F03 - Nicht näher bezeichnete Demenz

Demenz - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste (1)

Definition

Demenz (ICD-10 F00-F03) bezeichnet ein klinisches Syndrom, das als Abbau kognitiver Funktionen und Alltagskompetenzen definiert ist. Mit einer Demenz assoziierte Erkrankungen zeigen meist progressive Verläufe. Typisch sind eine nachlassende geistige Leistungsfähigkeit mit abnehmendem Denk- und Urteilsvermögen, zunehmender Orientierungslosigkeit und/oder Sprachverarmung, eine fortschreitende Beeinträchtigung der autobiographischen Identität sowie der Verlust von persönlichkeitsdefinierenden Eigenschaften, Selbstständigkeit und Autonomie. Oft sind Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens und/oder der Motivation zu beobachten. Die am weitesten verbreitete Demenzform ist die Demenz bei Alzheimer-Krankheit.

Weiterhin häufig sind vaskuläre Demenzen, die Lewy-Körperchen-Demenz sowie Mischformen zwischen vaskulären und neurodegenerativen Demenzen. Demenz ist nicht heilbar und auch mit Arzneimitteln nur begrenzt zu beeinflussen. Dennoch wurden in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte im Verständnis der zugrunde liegenden Pathophysiologie, des klinischen Verlaufs, der Früh- und Differenzialdiagnostik, der Behandlung und der Prognose von Demenzerkrankungen erzielt. Mit Acetylcholinesterase-Hemmern und dem NMDA-Antagonisten Memantin ist es bereits möglich, die Abnahme der kognitiven Fähigkeiten zu verlangsamen und selbst verlorengegangene Fähigkeiten – wenn auch nur vorübergehend – rückzugewinnen.

Epidemiologie

Im Jahr 2018 lebten in Deutschland geschätzt knapp 1,6 Millionen Menschen ≥ 65 Jahre mit Demenz – die meisten (mindestens zwei Drittel) von ihnen mit Alzheimer-Krankheit. Ohne Therapiedurchbruch könnte sich die Anzahl der Fälle im Jahr 2030 auf bis zu 1,9 Millionen und im Jahr 2050 auf bis zu 2,8 Millionen erhöhen. Jüngere Menschen sind deutlich seltener von Demenz betroffen. Hierzulande wird die Zahl der Demenzerkrankten im Alter zwischen 30 und 64 Jahren auf 73.000 geschätzt. Insgesamt werden derzeit jährlich mehr als 300.000 Demenzen neu diagnostiziert: Pro Tag kommen demnach mehr als 900 Neuerkrankte hinzu.

In Europa wurde die Zahl der Demenzkranken ≥ 65 Jahre 2018 auf circa 9,8 Millionen geschätzt. Für das Jahr 2050 wird eine Verdopplung der Zahlen auf rund 18,8 Millionen prognostiziert [3].

Nach jüngsten epidemiologischen Studien gibt es weltweit mehr als 55 Millionen Demenzkranke; davon sind rund 48 Millionen über 65 Jahre. Die Anzahl der Patienten ab dem 65. Lebensjahr könnte sich 2030 auf rund 78 Millionen und 2050 auf rund 139 Millionen erhöhen.

Die Prävalenzraten steigen mit dem Alter steil an: Alle fünf Altersjahre verdoppelt sich die Krankenziffer. In der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen sind etwas mehr als 1 Prozent betroffen, bei den über 90-Jährigen leiden bereits 40 Prozent an einer Demenz. Zwei Drittel aller Erkrankten sind älter als 80 Jahre, rund zwei Drittel der Erkrankten sind Frauen.

2019 war Demenz nach der chronischen ischämischen Herzkrankheit und vor den Krebserkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Hierzulande sterben pro Jahr rund 290.000 ältere Menschen, die zu Lebzeiten an einer Demenz litten. Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, richtet sich insbesondere nach der individuellen Lebenserwartung. Berechnungen zufolge würden wahrscheinlich fast alle Menschen eine Demenz entwickeln, wenn sie nur lange genug leben würden. Ohne vorzeitige Todesfälle infolge anderer Erkrankungen ergeben Berechnungen, dass bis zum Alter von 70 Jahren durchschnittlich 2 bis 3 Prozent und bis zum Alter von 80 Jahren knapp 15 Prozent der Menschen eine demenzielle Symptomatik zeigen. Bis zu einem Alter von 90 Jahren wäre fast jeder zweite bzw. knapp 50 Prozent der Bevölkerung betroffen, bis zum Alter von 95 Jahren mehr als 70 Prozent. Erreichten alle das 100. Lebensjahr, läge der Anteil nicht an Demenz erkrankter Personen vermutlich nur bei 10 bis 20 Prozent.

Obwohl die Zahl der Demenzerkrankten in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen hat, ist das altersspezifische Erkrankungsrisiko gleichgeblieben. Der Anstieg wird vor allem durch die höhere Lebenserwartung und die zunehmende Zahl von älteren Menschen erklärt. Es gibt sogar Hinweise auf eine rückläufige Erkrankungswahrscheinlichkeit in den westlichen Ländern. Aus dem asiatischen Raum werden indes steigende Erkrankungsraten gemeldet. Wie stark sich die Prävalenz in den nächsten Jahren tatsächlich verändern wird, ist derzeit noch ungewiss.

Ursachen

Auch heute sind noch nicht alle Ursachen von Demenzen geklärt. Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es nur für wenige Demenzerkrankungen. Ätiologisch werden zwei Gruppen unterschieden: die primären degenerativen und vaskulären Demenzen (rund 90% bei den über 65-Jährigen) sowie die sekundären Demenzformen (die restlichen etwa 10%).

Die häufigsten degenerativen Demenzen sind:

  • Alzheimer-Demenz
  • Lewy-Körper-Demenz (Lewy-Body-Demenz)
  • Frontotemporale Demenz (inkl. Unterformen)

Zu den bedeutsamsten vaskulären Demenzen (VaD) gehören:

  • Multi-Infarkt-Demenz (vor allem kortikale Demenz)
  • subkortikale vaskuläre Demenz
  • gemischte kortikale und subkortikale vaskuläre Demenz

Daneben gibt es Mischformen zwischen vaskulären und degenerativen Demenzen. Bei vielen älteren Betroffenen dominieren entweder die neurodegenerativen oder die vaskulären Hirnveränderungen. Bei jüngeren Patienten liegen die einzelnen neurodegenerativen und vaskulären Pathologien häufiger in Reinform vor [10].

Degenerative Ursachen

Bei den degenerativen Demenzen kommt es mit ansteigendem Lebensalter zu einem progredienten, irreversiblen Abbau von Neuronen und konsekutivem Verlust von Nervenzellverbindungen, sodass immer mehr neuronale Funktionen ausfallen.

Ursachen Alzheimer-Demenz

Alzheimer-Demenz ist mit 60–70 Prozent die häufigste Form aller Demenzerkrankungen. Fast alle dementen Patienten über 65 Jahre weisen im Gehirn Alzheimer-charakteristische Plaques und Tau-Fibrillen auf; etliche von ihnen zeigen zusätzlich vaskuläre Hirnanomalien. Die Ursache der Eiweißablagerungen ist bislang nicht vollständig entschlüsselt [5,10].

Ursachen Lewy-Körper-Demenz

Mit rund 20 Prozent ist die Lewy-Körper-Demenz (engl. dementia with Lewy bodies, DLB) die zweithäufigste Demenzform. Betroffene weisen aus abnorm phosphorylierten Proteinen bestehende Einschlüsse im neuronalen Zytoplasma auf – die sogenannten Lewy-Körperchen. Warum diese Aggregate entstehen, ist nach wie vor unklar.

In einigen Familien besteht eine genetische Prädisposition. Die Mutationen betreffen die gleichen Gene, die auch zur Parkinson-Krankheit führen [5,11].

Ursachen Frontotemporale Demenz

Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist mit etwa 3-9 Prozent aller Demenzfälle deutlich seltener als die Alzheimer- und Lewy-Körper-Demenz. Bei jüngeren Demenzpatienten liegt der Anteil höher.

Die FTD wurde früher als Demenz bei Pick-Krankheit bezeichnet. Charakteristisch sind intra-/extrazelluläre Proteinakkumulationen, subkortikale Gliosen und ein Neuronenverlust. Je nach Phänotyp finden sich histopathologisch übermäßige Anhäufungen intrazellulär phosphorylierter Tau-Proteine (pTau) und ubiquitiniertes TDP-43 (TAR DNA-binding protein). Noch ist weitgehend unbekannt, welche Faktoren diesen pathologischen Ablagerungsprozess verursachen.

Ein Drittel der FTD-Patienten weist eine ursächliche Genmutation auf. Die häufigsten drei Mutationen betreffen C9orf72 (chromosome 9 open reading frame72), GRN (Progranulin) und MAPT (microtubili associated protein tau). Diese beeinflussen die Entwicklung von Tau-Proteinen und hemmen die Bildung des hormonartigen Wachstumsfaktors Progranulin. Je weniger Progranulin vorhanden ist, umso ungeschützter sind die Neuronen. Patienten mit einer MAPT-Mutation erkranken deutlich früher als C9orf72- oder GRN-Patienten [12,13].

Vaskuläre Ursachen

Vaskuläre Demenzen (VaD) sind ebenfalls mit neurodegenerativen Veränderungen und einem Verlust neuronaler Netzwerke assoziiert. Ätiologisch liegt jedoch eine vaskuläre Hirnschädigung zugrunde. Dazu gehören insbesondere:

  • Multiple Infarkte (Multi-Infarkt-Demenz): multiple gleichzeitig oder zeitlich versetzt auftretende Hirninfarkte in strategisch mehr oder weniger relevanten Hirnregionen
  • Strategische Infarkte (strategic infarct dementia): bei entsprechender Lokalisation (speziell in Thalamus, hinterem Kapselknie, frontalem Marklager und Gyrus angularis) können selbst einzelne, kleine Infarkte schwerwiegende kognitive Defizite bedingen
  • Marklagerläsionen und Lakunen (subcortical ischemic VaD): ischämische Marklagerläsionen (sogenannte white matter lesions) und Lakunen (zystisch umgewandelte Infarkte) als Folge einer zerebralen Mikroangiopathie
  • Hirnblutungen (hemorrhagic dementia): makroskopische Hirnblutungen (Intrazerebrale Blutung, ICB) und zerebrale Mikroblutungen – oft als Folge einer zerebralen Mikroangiopathie bei langjährigem Hypertonus oder einer zerebralen Amyloidangiopathie (CAA)

Seltenere Ursachen einer VaD sind globale Hypoperfusion (zum Beispiel bei beidseitigem Karotisverschluss und kardialen Erkrankungen), Subarachnoidalblutungen, Sinusvenenthrombosen, Vaskulitiden und genetische Erkrankungen (zum Beispiel die Cerebral Autosomal Dominant Arteriopathy with Subcortical Infarcts and Leukoencephalopathy, CADASIL). Neuere Untersuchungen weisen auf eine Rolle multipler Mikroinfarkte hin [14].

Sekundäre Ursachen

Zahlreiche Erkrankungen können zu kognitiven Störungen und demenzieller Symptomatik führen, zum Beispiel:

Endokrinopathien:

  • Hypothyreose
  • Hyperthyreose
  • Hypoparathyreoidismus
  • Hyperparathyreoidismus

Vitaminmangelkrankheiten:

  • Vitamin-B12-Mangel
  • Folsäuremangel
  • Vitamin-B1-Mangel
  • Vitamin-B6-Mangel

Metabolische Enzephalopathien:

  • chronische Lebererkrankungen (zum Beispiel M. Wilson, Hämochromatose und Leberzirrhose)
  • chronische Nierenerkrankungen (Dialyse-Enzephalopathie)

Intoxikationen:

  • Industriegifte (zum Beispiel Kohlenmonoxid, Quecksilber, Blei, Perchlorethylen)
  • Medikamente (unter anderem Kardiaka, Antihypertensiva, Psychopharmaka)
  • Alkoholabhängigkeit

Elektrolytstörungen:

  • Hyponatriämie (etwa durch diuretische Behandlung)
  • Hypernatriämie

Hämatologisch bedingte Störungen:

  • Polyzythämie, Hyperlipidämie, multiples Myelom
  • Anämie

Chronische Infektionskrankheiten:

  • bakteriell: M. Whipple, Neurosyphilis, Neuroborreliose
  • viral: Zytomegalie, HIV-Enzephalitis, progressive multifokale Leukoenzephalitis

Spätformen der Leukodystrophien:

  • zum Beispiel Zeroidlipofuszinose

Weitere Ursachen für Demenzen:

Sehr selten ist eine demenzielle Symptomatik auf raumfordernde Prozesse wie Tumore, Hämatome oder Hydrozephalus zurückzuführen. Nach Entfernung der auslösenden Ursache können sich die Beschwerden zurückbilden.

Risikofaktoren

Epidemiologische Studien haben etliche Faktoren ermittelt, die das Risiko einer Demenzerkrankung erhöhen. Wichtigster Risikofaktor ist ein hohes Lebensalter. Da Frauen statistisch älter werden als Männer, sind sie auch häufiger von Demenz betroffen. Einer aktuellen kanadischen Bevölkerungsstudie zufolge steigt das Demenzrisiko mit jedem Lebensjahr über 65 um 13 Prozent an.

Weitere Risikofaktoren sind:

  • Depressionen (gehen häufig einer Demenz voraus)
  • soziale Deprivation
  • sozioökonomische Benachteiligung, niedriger Bildungsstand
  • Hypertonie
  • Dyslipidämie
  • Diabetes mellitus
  • Adipositas
  • Arthrose
  • Nikotin- und Alkoholabusus
  • hohe hom*ocysteinkonzentration
  • kognitive Inaktivität
  • soziale Isolation
  • Umweltfaktoren (Luftverschmutzung)

Pathogenese

Alle Demenzformen gehen mit einem Verlust bzw. Abbau von Nervenzellen und neuronalen Verbindungen einher und sind mit einem Untergang von Hirngewebe assoziiert. Den unterschiedlichen Demenzformen liegen unterschiedliche pathogenetische Prozesse zugrunde.

Pathogenese der Alzheimer-Demenz

Bei der Alzheimer-Krankheit blockieren Beta-Amyloid- und Tauproteine den neuronalen Informationsaustausch und führen zum Absterben der Nervenzellen.

Beta-Amyloid ist ein im Körper natürlich vorkommendes Protein, das durch eine biochemische Reaktion aus dem Amyloid-Vorläuferprotein (Amyloid-Precursor-Protein, APP) entsteht. Physiologisch wird das Eiweiß problemlos gespalten und abgebaut. Bei Alzheimer-Patienten ist dieser Prozess gestört. Die Beta-Amyloid-Proteine sammeln sich als toxische Oligomere an, verklumpen und setzen sich als unauflösliche Plaques zwischen den Nervenzellen fest. Diese auch als Alzheimer- oder senile Plaques bezeichneten extrazellulären Ablagerungen können vom Organismus nicht mehr eliminiert werden.

Zweitens bündeln sich pathogene Knäuel von Neurofibrillen, deren Hauptbestandteil Tau-Proteine sind. Tau-Proteine sorgen physiologisch für die Stabilität und Nährstoffversorgung der Neuronen. Bei der Alzheimer-Erkrankung kommt es zu einer Hyperphosphorylierung von Tau, was zu einer unkontrollierten Aggregation der Proteine führt. Diese lagern sich in Form von sogenannten neurofibrillären Tangles (NFT) – auch Alzheimer-Fibrillen genannt – innerhalb der Nervenfasern an.

Sowohl Beta-Amyloid als auch Tau-Proteine stören zunehmend die neuronale Kommunikation, was langfristig zu einem Verlust der Nervenzellen und einer sukzessiven Abnahme der Hirnsubstanz führt. Bei Alzheimer-Patienten gehen vor allem Acetylcholin-produzierende Nervenzellen zugrunde. Der Neurotransmitter spielt eine entscheidende Rolle bei Lern- und Gedächtnisprozessen. Eine verminderte Acetylcholin-Konzentration im synaptischen Spalt verhindert eine regelrechte Signaltransduktion, was sich wiederum negativ auf Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis auswirkt.

Ausgeprägte Atrophien betreffen vorwiegend die Temporal- und Parietallappen sowie die Hippocampusregion. Warum die Ablagerungen entstehen, ist weiterhin Gegenstand der Forschung. Eine im wissenschaftlichen Fokus stehende Pathologie ist die abnehmende Leistungsfähigkeit des glymphatischen Systems. Diese Struktur – ein 2013 entdeckter Mikrokreislauf im Zentralnervensystem (ZNS) – wird (vereinfacht) als Drainagesystem für pathogene Substanzen verstanden. Dieses scheint bei Alzheimer-Patienten gestört zu sein, sodass sich Beta-Amyloid-Plaques und hyperphosphoryliertes Tau in großer Dichte ansammeln [16,17].

Pathogenese der Lewy-Körper-Demenz

Bei der Lewy-Körper-Demenz bilden sich aus bislang unbekannter Ursache sogenannte Lewy-Körperchen, die hauptsächlich aus dem Eiweiß alpha-Synuclein bestehen. Die zuerst bei der Parkinson-Krankheit entdeckten Proteinaggregate lagern sich im neuronalen Zytoplasma (speziell in Cortex und Hirnstamm) an. Die interneuronale Signalweitergabe wird gestört, Nervenzellverbindungen gehen verloren – mit dem Ergebnis zerebraler Ausfallerscheinungen. Gleichzeitig besteht ein Dopamindefizit, weshalb die Demenz auch zu den atypischen Parkinson-Syndromen gezählt wird [5,11].

Pathogenese der Frontotemporalen Demenz

Bei der Frontotemporalen Demenz dominiert eine präsenil beginnende neuronale Dysfunktion und der Verlust von neuronalen Verbindungen im Frontal- und Temporalbereich. Das Atrophiemuster ist oft fokaler ausgebreitet als bei der meist generalisierteren Hirnatrophie im Rahmen der Alzheimer-Erkrankung. Der Gewebsuntergang geht auf eine intrazytoplasmatische, mitunter auch intranukleäre Protein-Akkumulation in Neuronen und Gliazellen zurück. Diese sind entweder selbst Folge eines defekten Proteinmetabolismus oder interferieren mit der Gentranskription, Genexpression und dem Zellmetabolismus, was schließlich zum Zelluntergang führt. In 36–50 Prozent der FTD-Fälle aggregieren die mikrotubuliassoziierten Tau-Proteine, in 50 Prozent liegen Aggregate aus TDP-43 (trans-active response DNA-binding-Protein 43 kDa) vor. In seltenen Fällen werden auch Eiweißaggregate vom Typ FUS (Fused in Sarcoma) gefunden [12,13].

Pathogenese der vaskulären Demenz

Vaskuläre Demenzen entstehen als Folge hypoxisch-ischämischer zerebraler Prozesse, die zu einer Degeneration des umliegenden Hirnparenchyms führen [14,18].

Symptome

Demenz zeigt kein einheitliches Muster. Je nach Ursache, Komorbiditäten, Krankheitsstadium, den psychosozialen und anderen individuellen Rahmenbedingungen sowie der prämorbiden kognitiven Leistungsfähigkeit sind unterschiedliche Bilder, Ausprägungen und Verläufe möglich.

Gemäß ICD-10 werden zwei Gruppen von Symptomen unterschieden:

  • Abnahme des Gedächtnisses und anderer kognitiver Fähigkeiten (zum Beispiel Störungen des Denkens, der Sprache oder der Orientierung)
  • Veränderung der Affektkontrolle, des Antriebs bzw. der Motivation (wie Apathie und Inaktivität) und Abnahme der sozialen Kompetenz

Die Beeinträchtigungen dürfen nicht durch ein Delir oder eine andere Bewusstseinsstörung erklärbar sein.

Grundsätzlich lassen sich die Anzeichen und Symptome einer Demenz in drei Phasen einteilen: Früh-, Mittel- und Spätstadium. Bei neurodegenerativen Demenzformen –insbesondere bei der Alzheimer-Demenz – besteht viele Jahre vor dem Auftreten der demenziellen Symptomatik eine leichte kognitive Störung. Diese Prodromalphase wird im Diagnosesystem ICD-10 unter F06.7 (leichte kognitive Störung) und im ICD-11 unter 6D71 (mild neurocognitive disorder) gelistet [19,20].

Prodromalphase

Im ICD-11 wird die leichtgradige kognitive Störung als das subjektive Empfinden einer verschlechterten kognitiven Leistungsfähigkeit im Vergleich zum allgemein erwartbaren Altersniveau und der früheren kognitiven Funktion, begleitet von objektiven Belegen für eine Leistungsbeeinträchtigung in einem oder mehreren kognitiven Bereichen, bei erhaltener Alltagskompetenz definiert [20].

Frühstadium

Demenzielle Symptome manifestieren sich in der Regel schleichend. Der progredient kognitive Leistungsverlust wird von Patienten und Angehörigen anfangs mitunter nicht als solcher wahrgenommen bzw. fehlinterpretiert. Hinweisgebende erste Anzeichen einer demenziellen Symptomatik sind zunehmende Vergesslichkeit, ein phasenweiser Verlust der zeitlichen und örtlichen Orientierung sowie Merkfähigkeits- und Wortfindungsstörungen [5].

Mittleres Stadium

Im mittleren Stadium werden die demenziellen Anzeichen/Symptome deutlicher und sind kaum noch zu übersehen bzw. zu ignorieren. Dazu gehören:

  • Vergessen der jüngsten Ereignisse und Namen von Personen
  • Verwirrung in der Wohnung
  • zunehmende Schwierigkeiten bei der Kommunikation
  • Einschränkungen bei der persönlichen Pflege
  • Verhaltensänderungen, einschließlich Umherwandern und wiederholtes Nachfragen
  • Störung des abstrakten Denkens oder Urteilsvermögens
  • Beeinträchtigung der beruflichen oder sozialen Kompetenz

Spätes Stadium

Im späten Stadium ist der Demenzerkrankte nahezu vollständig auf fremde Hilfe angewiesen. Die kognitiven und körperlichen Anzeichen/Symptome sind schwerwiegend und können Folgendes umfassen:

  • Unkenntnis von Zeit und Ort
  • Schwierigkeiten, Verwandte und Freunde wiederzuerkennen
  • zunehmender Bedarf an Unterstützung bei der Selbstpflege
  • Schwierigkeiten beim Gehen
  • Inaktivität
  • Verhaltensänderungen (häufig agitiertes Verhalten und Aggressivität)
  • Depressionen
  • Halluzinationen, Wahn
  • Aphasie, Apraxie, Agnosie

Meist fehlt jegliche Einsichtsfähigkeit, eine Korrektur des Verhaltens ist kaum mehr möglich. Vergesslichkeit und Gedächtnisverlust breiten sich bis in alltägliche Gewohnheiten wie essen, trinken und schlafen aus. Oft bestehen eine Harn-, mitunter auch Stuhlinkontinenz. Nicht selten versterben Demenzkranke im Endstadium an einer Infektion [5,21,22].

Besonderheiten bei der Alzheimer-Demenz

Die Alzheimer-Demenz ist vordergründig durch eine schwere Gedächtnisstörung charakterisiert, die Persönlichkeit bleibt häufig über lange Zeit relativ gut erhalten. Die Merkstörung umfasst alle mnestischen Prozesse. Der demenziellen Symptomatik kann eine Depression vorausgegangen sein oder diese begleiten. Anamnestisch kann häufig eine milde kognitive Störung evaluiert werden. Der weitere Erkrankungsverlauf ist meist durch Aphasie, räumliche Orientierungsstörungen, Wahrnehmungsveränderungen, motorische Symptome wie das Parkinson-Syndrom sowie psychiatrische Symptome wie Wahn, Angst, Unruhe, Erregung und Schlafstörungen gekennzeichnet [21].

Besonderheiten bei der Lewy-Körper-Demenz

Patienten mit einer Lewy-Körper-Demenz fallen zunächst durch ausgeprägte Störungen der Aufmerksamkeit und der visuell-räumlichen Fähigkeiten auf, die Merkfunktion ist anfangs meist nur gering beeinträchtigt. Weitere wichtige Charakteristika sind Fluktuationen bezüglich Aufmerksamkeit und Vigilanz, visuelle und akustische Halluzinationen sowie extrapyramidalmotorische Symptome wie Bradykinese/Akinese, Tremor, Rigor und posturale Instabilität. Im Gegensatz zur Alzheimer-Demenz treten Parkinson-Symptome bei der Lewy-Körperchen-Demenz bereits recht früh im Verlauf der Erkrankung auf, manchmal sogar schon vor den demenziellen Defiziten. Weiterhin typisch sind rezidivierende Stürze, Synkopen, wahnhafte Krisen, Halluzinationen anderer Sinnesmodalitäten sowie eine deutliche Empfindlichkeit auf Neuroleptika. Im fortschreitenden Stadium sind viele Betroffene kachektisch und erhöht infektanfällig [11,21].

Besonderheiten bei der Frontotemporalen Demenz

Die Frontotemporale Demenz manifestiert sich zumeist in der fünften oder sechsten Lebensdekade; das heißt rund zehn Jahre früher als die Alzheimer-Demenz. Der Verlauf ist schleichend. Auffällig ist, dass FTD-Patienten zunächst nicht die typischen Demenzanzeichen wie Verwirrtheit oder Vergesslichkeit zeigen – der Gedächtnisverlust also erstmal im Hintergrund steht. Bezugspersonen bemerken vielmehr fortschreitende Persönlichkeitsveränderungen (zum Teil dramatisch), Abweichungen im zwischenmenschlichen Verhalten und/oder einen progredienten Sprachabbau. Betroffene sind bereits früh im Stadium einer ausgeprägten Hilfsbedürftigkeit. Die Wesensveränderungen können sich sowohl in Negativsymptomen (emotionale Verflachung, soziales Desinteresse, Antriebsmangel) als auch in Plussymptomen (Antriebssteigerung, Aggressivität, Triebverhalten) äußern. Dies birgt die Gefahr der Fehldiagnose einer Schizophrenie oder Depression. Als Komorbiditäten sind ein begleitendes atypisches Parkinson-Syndrom, eine corticobasale Degeneration (CBD), eine progressive supranukleäre Parese (PSP) oder eine amyotrophe Lateralsklerose (ALS) beschrieben.

Innerhalb der Gruppe der frontotemporalen Demenzen werden folgende Verlaufsformen unterschieden:

1. Behaviorale FTD (behavioral-variant – bvFTD)

2. Primäre progressive Aphasie (PPA)

  • nicht-flüssige primäre progressive Aphasie (nonfluent-variant primary progressive aphasia – nfvPPA)
  • semantische primäre progressive Aphasie (semantic-variant primary progressive aphasia – svPPA)

Die Beschwerden können im Spätstadium ineinander übergehen, zudem gibt es Mischformen.

Frontotemporale Demenz vom Verhaltenstyp

Die Frontotemporale Demenz vom Verhaltenstyp (bvFTD) ist die häufigste Form Frontotemporaler Demenzen. Hinweisgebend sind:

  • Störungen im Sozialverhalten: Betroffene sind ungewohnt aggressiv, taktlos, zunehmend distanzlos und/oder enthemmt, Rücksichtnahme und Kooperationsfähigkeit sind eingeschränkt oder gar nicht mehr vorhanden, kriminelle Verhaltensweisen sind häufig
  • Störungen im Antrieb: Betroffene ziehen sich zurück und wirken teilnahmslos, früher aufgeschlossene Menschen werden apathisch, vormals eher ruhige Persönlichkeiten rastlos und antriebsgesteigert
  • Verhaltensstörungen: Ritualisieren von Verhaltensweisen, Stereotypien müssen wie unter Zwang durch- und fortgeführt werden
  • Emotionale Verflachung: Sympathie- und Empathiefähigkeit gehen verloren, oft dominieren eine abnorme Gleichgültigkeit und Gefühlskälte
  • Emotionale Verkennung: Betroffene verlieren die Fähigkeit, Mimik und Gestik ihrer Mitmenschen zu deuten (besonders ausgeprägt bei negativen Gefühlen)
  • Gestörte Aufmerksamkeit: die Aufmerksamkeitsspanne ist extrem niedrig, Betroffene sind leicht abgelenkt, wirken zerstreut und sind nicht in der Lage, angefangene Dinge zum Abschluss zu bringen, mitunter werden impulsiv immer neue Dinge begonnen
  • Sprach- und Sprechstörungen: Sprechantrieb und Ausdrucksfähigkeit nehmen ab, Betroffene sind meist wortkarg bis stumm; zuweilen auch Logorrhoe, Verbigeration und Perissologie
  • Hyperoralität: Betroffenen verspüren den Drang, Dinge in den Mund zu nehmen
  • Veränderte Ernährungsgewohnheiten: ein nachlassendes Sättigungsgefühl führt zu Fressanfällen, oft entwickelt sich eine Vorliebe für bestimmte Speisen (typischerweise Heißhunger auf Süßes), starke Gewichtszunahme
  • Verlust der Krankheitseinsicht: Betroffene sind nicht in der Lage, sich als krank wahrzunehmen

Primär progressive Aphasie

Leitsymptom der primär progressiven Aphasie sind Sprachstörungen.

Bei der nicht-flüssigen PPA leiden die Betroffenen an einer Sprechapraxie (inkonsistente Lautfehler, Wortentstellungen) und verlieren zunehmend die Fähigkeit, grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden. Die spontane Sprachproduktion ist gestört, das Satzverständnis beeinträchtigt – das Wortverständnis jedoch erhalten. Obschon im Verlauf weitere Symptome bis hin zu Gedächtnisstörungen auftreten, bleiben die Sprachstörungen vordergründig.

Patienten mit einer semantischen PPA verlieren im Krankheitsverlauf die Fähigkeit, Dinge und Personen korrekt zu benennen. Wörter werden nicht mehr als Ganzes, sondern Buchstabe für Buchstabe gelesen (Oberflächendyslexie), weiter gibt es Defizite im ganzheitlichen Schreiben (Oberflächendysgraphie). Nachsprechen ist problemlos möglich, die grammatikale Sprachproduktion bleibt erhalten (grammatikalisch richtig, es fehlt jedoch jedwede Bedeutung), die sprechmotorischen Fähigkeiten sind unverändert. Im Unterschied zur Alzheimer-Demenz können sich Betroffene mit semantischer PPA besser an aktuelle als an weiter zurückliegende Ereignisse erinnern [12,13,21].

Diagnostik

Die frühzeitige Diagnose einer Demenz ist entscheidend für Verlauf und Prognose der Erkrankung. Diagnostische Maßnahmen umfassen:

  • Anamnese, Klink und körperliche Untersuchung
  • Testverfahren
  • Labordiagnostik
  • Bildgebung

Anamnese, Klink und körperliche Untersuchung

Zunächst weist die Anamnese, oft auch Fremdanamnese, auf den Verdacht einer Demenz hin. Der Fokus sollte hier auf der Entstehungshistorie der Symptomatik im Zusammenhang mit vorbestehenden somatischen und psychischen Krankheiten liegen. Eine körperlich internistische und neurologische Untersuchung sowie die Erhebung des psychopathologischen Befunds sind unabdingbar. Die klinische Charakteristik erlaubt zum einen Rückschlüsse auf die ätiologische Zuordnung, zum anderen sind der Schweregrad, besondere Problembereiche, die Alltagsbewältigung und der bisherige Verlauf abschätzbar. Bei einem akuten Beginn müssen zum Beispiel sekundäre Ursachen wie kardiovaskuläre, metabolische und endokrinologische Erkrankungen oder Intoxikationen abgeklärt werden.

Rigor, Tremor, Hypokinesie und posturale Instabilität deuten auf Parkinson-Krankheit hin, können aber auch bei einer Lewy-Body-Demenz oder im Spätstadium einer Alzheimer-Demenz vorkommen. Fehlende Lichtreaktionen bei der Pupillenuntersuchung geben Hinweise auf Neurosyphilis, inhaltliche Denkstörungen und/oder akustische Halluzinationen können Anzeichen von Schizophrenie sein. Hyperkinetische Bewegungen sind typisch für Chorea Huntington, ein schleppender Gang kann als Folge eines Normaldruckhydrozephalus auftreten, zerebrale ischämische Anzeichen sprechen für eine vaskuläre Demenz [1].

Testverfahren

Unterschiedliche Testverfahren können den Verdacht einer Demenz untermauern und den Schweregrad einer kognitiven Leistungsstörung einschätzen.

Einfache und zeitökonomische neuropsychologische Tests sind:

  • Mini-Mental-Status-Test (MMST): Feststellung des Schweregrads der kognitiven Defizite durch Prüfverfahren bezüglich der Merk- und Erinnerungsfähigkeit, Rechenleistung, Orientierung, Aufmerksamkeit, Sprachvermögen und Sprachverständnis, insbesondere zur Einteilung von Demenzstadien (gemäß MMST-Score besteht bei 20–26 Punkten eine leichte, bei 10–19 Punkten eine moderate/mittelschwere und bei < 10 Punkten eine schwere Alzheimer-Demenz)
  • Demenz Detektion (DemTec): Screeningverfahren zur Bewertung von Gedächtnisleistung, Erinnerungsvermögen, Aufmerksamkeit, Zahlenverständnis und Wortflüssigkeit, auch zur Verlaufskontrolle geeignet
  • Montreal Cognitive Assessment Test (MoCA-Test): Übungen zu Visus, Exekutivfunktionen, Gedächtnis, Sprache, Abstraktion, Erinnerung und Orientierung (präziser als der MMST)
  • Test zur Früherkennung einer Demenz mit Abgrenzung zu Depressionen (TFDD): Verfahren, um eine unmittelbare und verzögerte Reproduktion, zeitliche Orientierung, Folgevermögen von Anweisungen, konstruktive Praxisfähigkeit und Wortflüssigkeit festzustellen
  • Uhrentest: Prüfverfahren zum räumlichen und abstrakten Denken; Patienten muss in einem leeren Kreis eine angesagte Uhrzeit zeichnen

Vertiefende neuropsychologische Tests sind bei fraglicher oder leichtgradiger Demenz zur differenzialdiagnostischen Abklärung empfohlen. Die Auswahl der geeigneten Verfahren richtet sich nach der Fragestellung, dem Krankheitsstadium und der Erfahrung des Untersuchers sowie nach individuellen Patientenaspekten wie Sprachkenntnisse und prämorbides Funktionsniveau.

Bewährte Verfahren sind:

  • die neuropsychologische Testbatterie des amerikanischen „Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Disease“ (CERAD)
  • die „Alzheimer’s Disease Assessment Scale-cognitive Subscale“ (ADAS-cog)
  • das „Strukturierte Interview für die Diagnose einer Demenz vom Alzheimer-Typ, der Multiinfarkt- (oder vaskulären) Demenz und Demenzen anderer Ätiologie nach DSM-III-R, DSM-IV und ICD-10“ (SIDAM)
  • die „Clinical Dementia Rating Scale“ (CDR)

Zur kognitiven Prüfung bei Demenzkranken mit mittelschwerer und schwerer Demenz wurde die „Severe Impairment Battery“ (SIB) entwickelt. Validierte Instrumente zur Beurteilung von Beeinträchtigungen bei Alltagsaktivitäten sind „Disability assessment for dementia (DAD)“ und „Instrumentelle Aktivitäten nach Lawton und Brody“ (IADL), zur Erfassung von psychischen und Verhaltenssymptomen die „Nurses Observations Scale for Geriatric Patients" (NOSGER) und die „Neuropsychiatric Inventory“ (NPI) [1].

Labordiagnostik

Sichere diagnostische Blutmarker für die primären Demenzerkrankungen – das heißt Alzheimer-Krankheit, vaskuläre Demenz, gemischte Demenz, frontotemporale Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz und Demenz bei M. Parkinson – sind derzeit nicht bekannt. Dennoch werden Serum- bzw. Plasmauntersuchungen empfohlen. Basisdiagnostische Maßnahmen umfassen:

  • Blutbild
  • Elektrolyte
  • Nüchternblutzucker (bei Auffälligkeiten Glucose-Toleranz-Test)
  • TSH
  • Blutsenkungsgeschwindigkeit oder CRP
  • AST, Gamma-GT
  • Kreatinin, Harnstoff
  • Vitamin B12

Im Falle klinisch unklarer Situation (zum Beispiel atypische Symptomausprägung, inkl. jungem Manifestationsalter und rascher Progredienz) oder spezifischen klinischen Verdachtsdiagnosen sind weiterführende Laboruntersuchungen angezeigt. Dazu gehören:

  • Differenzialblutbild
  • Blutgas-Analyse (BGA)
  • Drogenscreening
  • Serologie auf HIV, Lues und Borreliose
  • Konzentrationsmessungen von Phosphat, HBA1c, hom*ocystein, fT3, fT4 und SD-Antikörper
  • Kortisol
  • Parathormon
  • Coeruloplasmin
  • Vitamin B6
  • Spurenelemente wie Pb, Hg, Cu und Folsäure

Urinuntersuchungen sind wichtiger Bestandteil eines Medikamenten- und Drogenscreenings. Mitunter sind eine sonografische Restharnbestimmung und ein Blasenentleerungsprotokoll, gegebenenfalls auch eine hormonelle Analyse von 24-Stunden-Sammelurin sinnvoll.

Bei unklarer Symptomatik und zum Ausschluss entzündlicher und neurodegenerativer ZNS-Pathologien ist eine Liquoranalyse indiziert. Basisparameter sind Zellzahlen, Gesamtprotein-Konzentration, Albumin-Quotient, intrathekale IgG-Synthese, oligoklonale Banden, Laktat und Glucose.

Biomarker

Die Implementierung von Liquor- und PET-Biomarker als Surrogate der Amyloid- und Tau-Pathologie leitete einen Paradigmenwechsel in der Demenz-Diagnose ein, speziell bei Alzheimer-Krankheit. Aktuell bereits etablierte bildgebende und Liquor-basierte Biomarker können gut anhand der binären ATN-Klassifikation differenziert werden.

Amyloid-Pathologie – Positivität wird definiert durch:

  • β-Amyloid-42 beziehungsweise β-Amyloid-42/40-Ratio im Liquor (↓)
  • positives Amyloid-PET (Positronenemissionstomografie)

Tau-Pathologie – Positivität wird definiert durch:

  • phosphoryliertes Tau im Liquor (↑)
  • in der Forschung: Tau-Deposition im PET

Neurodegeneration – Positivität wird definiert durch:

  • Gesamt-Tau (t-Tau) im Liquor (↑)
  • Fluordeoxyglukose (FDG)-PET-Hypometabolismus (parietotemporal)
  • Atrophie im strukturellen MRT in Alzheimer-charakteristischen Regionen (medialer Temporallappen/Hippocampus); fehlende Spezifität, jedoch Hinweis auf Schwere bzw. topografische Zuordnung möglich

Die Leitlinie empfiehlt die kombinierte Bestimmung von β-Amyloid 1–42 und Gesamt-Tau bzw. β-Amyloid 1–42 und Phospho-Tau [1,[23].

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren sind entscheidender Bestandteil der Demenz-Diagnostik. Eine Computer- und Magnetresonanztomografie des Kopfes (cCT, cMRT) gibt beispielsweise Aufschluss über potenziell behandelbare bzw. reversible nichtdegenerative und nichtischämische Ursachen (etwa subdurales Hämatom, Tumor oder Normaldruckhydrozephalus). Doppler- und Duplexsonografien kommen insbesondere zur Diagnostik von zerebralen Ischämien bei vaskulären und vaskulär-degenerativen Demenzformen zum Einsatz [1].

Nuklearmedizinische Verfahren

Nuklearmedizinische Verfahren zur funktionellen Messung des Glukosemetabolismus (FDG-PET) und der zerebralen Perfusion (HMPAO-SPECT) können bei unsicheren Befunden und in der Differenzialdiagnostik hilfreich sein. Ein regelhafter Einsatz in der Demenz-Diagnostik wird aber nicht empfohlen [1].

Elektroenzephalografie (EEG)

Ein EEG ist bei bestimmten Verdachtsdiagnosen wie Anfallsleiden, Delir oder Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung indiziert. Die Untersuchung kann zur Abgrenzung von neurodegenerativen und nichtneurodegenerativen Erkrankungen beitragen. Ein regelhafter Einsatz in der ätiologischen Zuordnung von Demenzerkrankungen wird von der Leitlinie allerdings nicht empfohlen [1].

Genetische Diagnostik

Bei Verdacht auf eine monogen vererbte Demenzerkrankung (zum Beispiel bei früh beginnender Demenz in Verbindung mit einer richtungsweisenden Familienanamnese) soll eine genetische Beratung und molekulargenetische Diagnostik angeboten werden [1].

Therapie

Demenz ist immer noch nicht heilbar und lässt sich in den meisten Fällen nur begrenzt aufhalten. Um die Symptomatik bestmöglich zu beeinflussen und ein Fortschreiten der Erkrankung weitestgehend hinauszuzögern, sollte die Demenz-Therapie möglichst frühzeitig beginnen und ein multimodales Konzept umfassen. Die tragenden Säulen sind die medikamentöse Behandlung und psychosoziale Intervention für Betroffene und Angehörige.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie hat sich in den letzten Jahren zunehmend verbessert. Oft ist ein vorübergehender Rückgewinn verlorengegangener Fähigkeiten möglich: kognitive Leistungen verbessern sich, Verhaltensauffälligkeiten werden vermindert und die Belastung für die pflegenden Angehörigen nimmt ab.

Zur symptomatischen Behandlung bei Alzheimer-Demenz sind aktuell Medikamente aus zwei Wirkstoffgruppen zugelassen: für eine leichte bis moderate Alzheimer-Demenz die Acetylcholinesterase-Hemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin und der nichtkompetitive Glutamat- bzw. NMDA-Antagonist Memantin für eine moderate bis schwere Alzheimer-Demenz.

Der in den USA bereits zugelassene Amyloid-β-Antikörper Aducanumab (Aduhelm) ist in Deutschland nicht verfügbar. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) sprach sich am 17. Dezember 2021 gegen einen entsprechenden Zulassungsantrag aus. Drei weitere monoklonale Anti-Amyloid-β-Antikörper (Donanemab, Gantenerumab und Lecanemab) sind in einem fortgeschrittenen klinischen Entwicklungsstadium. Ersten Erkenntnissen zufolge reduzieren alle die zerebrale Amyloidlast; auf die kognitiven Defizite konnte allerdings kein Einfluss erzielt werden [1,21,24].

Acetylcholinesterase-Hemmer

Die Acetylcholinesterase-Hemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sind hinsichtlich der Nutzenbewertung gleichermaßen zur Therapie der Alzheimer-Demenz geeignet. Die Arzneimittelauswahl richtet sich primär nach der verfügbaren Applikationsart – Rivastigmin kann beispielsweise in Kapselform eingenommen oder als Pflaster appliziert werden –, der individuellen Verträglichkeit, etwaigen Komorbiditäten und potenziellen Interaktionen mit anderen Arzneimitteln.

Acetylcholinesterase-Hemmer müssen langsam eindosiert werden. Grundsätzlich ist die höchste verträgliche Dosis anzustreben. Bei guter Verträglichkeit ist die Behandlung als Langzeittherapie fortlaufend möglich [1,21].

Für detaillierte Informationen wird auf die Leitlinie und die jeweiligen Fachinformationen verwiesen.

Memantin

Das Antidementivum Memantin aus der Gruppe der NMDA-Antagonisten sollte zur Behandlung der mittelschweren und schweren Alzheimer-Demenz eingesetzt werden. Für die leichte Demenz ist der Wirkstoff nicht zugelassen; eine Anwendung wird auch nicht empfohlen. Bei Patienten, die Donepezil im fortgeschrittenen Krankheitsstadium erhalten (Off-label), kann eine Add-on-Behandlung mit Memantin erwogen werden [1].

Für detaillierte Informationen wird auf die Leitlinie und die jeweiligen Fachinformationen verwiesen.

Ginkgo Biloba

Ginkgo Biloba wird häufig zur Behandlung von kognitiver Störung und Demenz eingesetzt. Der Extrakt EGb 761 ist zur symptomatischen Behandlung von „hirnorganisch bedingten geistigen Leistungseinbußen bei demenziellen Syndromen“ zugelassen. Das Phythotherapeutikum soll die Kognition bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer- oder vaskulärer Demenz verbessern und nicht-psychotische Verhaltenssymptome positiv beeinflussen. Die Leitlinie spricht sich für einen Therapieversuch mit einer täglichen Dosis von 240 mg aus.

Für detaillierte Informationen wird auf die Leitlinie und die jeweiligen Fachinformationen verwiesen.

Andere Therapeutika

Andere Therapeutika überzeugten bislang nicht in der Therapie der Alzheimer-Demenz – entweder fehlt die Evidenz bei einer Demenzsymptomatik oder das Nutzen-Risiko-Verhältnis wird als negativ bewertet. Dementsprechend gibt die Leitlinie auch keine Empfehlungen für:

  • Vitamin E
  • nicht-steroidale Antiphlogistika wie Rofecoxib, Naproxen, Diclofenac und Indometacin
  • eine Hormonersatztherapie bei postmenopausalen Frauen
  • Nootropika wie Piracetam, Nicergolin, Codergocrinmesilat, Phosphatidylcholin (Lecithin), Nimodipin, Cerebrolysin und Selegilin

Pharmakotherapie bei vaskulärer Demenz

Es existiert keine zugelassene oder durch ausreichende Evidenz belegte medikamentöse symptomatische Therapie für vaskuläre Demenzformen, die einen regelhaften Einsatz rechtfertigen. Relevante vaskuläre Risikofaktoren und Grunderkrankungen, die bestehende vaskuläre Schädigungen verstärken würden, sollten indes behandelt werden – etwa eine arterielle Hypertonie, Vorhofflimmern und Diabetes mellitus.

Möglicherweise wirken Acetylcholinesterase-Hemmer und Memantin bei Patienten mit subkortikaler vaskulärer Demenz, insbesondere auf exekutive Funktionen. Im Einzelfall kann eine Therapie (Off-label) erwogen werden.

Thrombozytenaggregationshemmer sind bei vaskulärer Demenz nicht zur primären Demenzbehandlung indiziert. Für den präventiven Einsatz zum Schutz vor einer zerebralen Ischämie wird auf die S3-Leitlinie „Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) verwiesen [1.21].

Pharmakotherapie bei gemischter Demenz

Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Alzheimer- und vaskulären Demenz empfiehlt die Demenz-Leitlinie, die Patienten entsprechend der Alzheimer-Demenz zu behandeln [1].

Pharmakotherapie bei Frontotemporaler Demenz

Bislang ist keine evidenzbasierte Behandlung kognitiver Defizite oder Verhaltenssymptome bei Patienten mit frontotemporaler Demenz verfügbar. Deshalb kann von den Leitlinienexperten auch keine Behandlungsempfehlung ausgesprochen werden. Da kein relevantes cholinerges Defizit vorhanden ist, zeigen Acetylcholinesterase-Hemmer keinen wirksamen Effekt. Vielmehr können sie eine Exazerbation der Verhaltensauffälligkeiten bei bvFTD-Patienten bewirken.

Als symptomatische Psychopharmakotherapie bei Unruhe und/oder psychotischen Symptomen können selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Citalopram oder Sertralin zur Behandlung der Depression und Apathie eingesetzt werden. Bei Aggressivität und wahnhafter Symptomatik sind Behandlungsversuche mit atypischen Neuroleptika wie Quetiapin, Risperidon oder Aripiprazol, bei Störungen der Persönlichkeit und des Affekts mit Carbamazepin oder Valproinsäure möglich [21].

Cave: Bei zusätzlicher Parkinson-Symptomatik sollten keine konventionellen Neuroleptika gegeben werden. Rivastigmin ist zur antidementiven Behandlung (kognitive Störung und Alltagsfunktion) bei Parkinson im leichten und mittleren Stadium wirksam und sollte eingesetzt werden (Off-label). Zudem gibt es Hinweise für die Wirksamkeit von Donepezil (Off-label) auf Kognition und klinischen Gesamteindruck [1,12].

Pharmakotherapie bei Lewy-Körper-Demenz

Ebenso wie bei der Alzheimer-Demenz besteht bei der Lewy-Körperchen-Demenz ein ausgeprägtes cholinerges Defizit. Aus diesem Grund zeigen Acetylcholinersterase-Inhibitoren auch bei dieser Demenzform Wirkung. Im Einzelfall sind die Effekte sogar eindrücklicher als bei der Alzheimer-Demenz. Neben den positiven kognitiven Effekten sind häufig eine Stabilisierung hinsichtlich der Fluktuationen von Vigilanz und Aufmerksamkeit und der optischen Halluzinationen zu erreichen. Nichtsdestotrotz ist kein Cholinesterasehemmer für diese Indikation zugelassen. Die Leitlinie empfiehlt, entsprechende Behandlungsversuche im Off-label-use zu erwägen.

Sowohl bei der Lewy-Körper-Demenz als auch bei der Parkinson-Demenz sind klassische und viele atypische Neuroleptika kontraindiziert. Ist eine antipsychotische Behandlung notwendig, sollten primär Quetiapin und Clozapin eingesetzt werden. Doch selbst bei diesen beiden Substanzen kann sich die erhöhte Empfindlichkeit auf Neuroleptika bemerkbar machen [1,21].

Arzneimittel zur Linderung von Verhaltensstörungen

Depression, Antriebslosigkeit, Unruhe, Aggressivität, Wahnvorstellungen und Schlafstörungen sind häufige problematische Verhaltensweisen bei Demenz. Diese Symptome sollten zunächst durch nichtmedikamentöse Maßnahmen beeinflusst werden. Dabei können individuelle Anpassungen des Tagesrhythmus, körperliche und geistige Beschäftigungsangebote, Wiederaufleben von angenehmen Erlebnissen und Emotionen, Verhaltensänderungen der Betreuungs- und Bezugspersonen sowie Anpassungen der äußeren Umgebung helfen. Eine pharmakologische Intervention ist bei ausgeprägten oder akut auftretenden Verhaltensstörungen gerechtfertigt; überdies bei Handlungsweisen, die für den Betroffenen oder andere Menschen eine unzumutbare Belastung oder eine Gefährdung darstellen.

Bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz können Verhaltenssymptome durch die Gabe von Galantamin, gegebenenfalls auch von Donepezil, positiv beeinflusst werden. Bei mittelschwerer bis schwerer Demenz gibt es keinen Hinweis für einen positiven Effekt von Acetylcholinesterase-Hemmern auf die Verhaltenssymptomatik.

Memantin wirkt sich mit geringer Effektstärke auf Verhaltenssymptome bei moderater bis schwerer Alzheimer-Demenz, eventuell auch bei der Lewy-Körperchen-Demenz, aus. Zur pharmakologischen Behandlung psychotischer Symptome bei Lewy-Körper-Demenz und Demenz bei Parkinson gibt es für Rivastigmin gewisse Wirksamkeitshinweise.

Bei agitiertem und aggressivem Verhalten demenzieller Patienten sollte Risperidon bevorzugt werden, Therapiealternativen sind Aripiprazol, Carbamazepin und Citalopram im Off-label-use.

Bei einer ausgeprägten psychom*otorischen Unruhe kann zeitlich begrenzt Risperidon (Off-label) gegeben werden. Bei Wahn und Halluzinationen im Rahmen einer Demenz ist dessen Wirkung belegt; für eine antipsychotische Wirksamkeit von Aripiprazol bei Demenz gibt es Hinweise [1].

Psychosoziale Interventionen

Psychosoziale Interventionen dienen hauptsächlich dazu:

  • die kognitive Leistungsfähigkeit und alltagsrelevante Kompetenzen für ein selbstbestimmtes Leben so lange wie möglich aufrechtzuerhalten
  • das Gedächtnis zu stimulieren
  • alltagspraktische und soziale Fähigkeiten zu fördern
  • neuropsychiatrische Symptome zu lindern
  • körperliche Fertigkeiten zu stabilisieren
  • das Selbstwertgefühl zu stärken
  • das allgemeine Wohlbefinden zu steigern
  • die Lebensqualität zu verbessern [1,2]

Zu den nichtmedikamentösen Verfahren in der Demenz-Therapie gehören unter anderem:

  • Gedächtnistraining (insbesondere Realitätsorientierung und Reminiszenzverfahren)
  • Ergotherapie
  • Künstlerische Therapien wie Musik-, Kunst- und Tanztherapie
  • Basale und sensorische Verfahren wie Aromatherapie, Snoezelen, Massage/Berührung und Lichttherapie
  • Logopädie
  • Bewegungs- und Physiotherapie
  • Verhaltenstherapie
  • Angehörigentraining und -unterstützung (allgemeine Beratung, Information und Kurse sowie regionale Hilfsangebote/Leistungen für betreuende Personen und Angehörige)

Prognose

Demenzen verlaufen zumeist irreversibel und dauern bis zum Tod an. Im Verlauf nimmt der Hilfebedarf zu, im fortgeschrittenen Stadium liegt üblicherweise eine weitreichende Pflegebedürftigkeit vor.

Die Erkrankungsdauer ist sehr variabel und im Einzelfall kaum vorhersehbar. In der Regel verkürzen Demenzen jedoch die verbleibende, altersübliche Lebenserwartung.

Allgemein gilt: Je später im Alter die Demenz eintritt, je schwerer die Symptome sind und je mehr körperliche Begleiterkrankungen bestehen, umso geringer ist die Überlebenszeit. Europäischen Studien zufolge liegt die mittlere Krankheitsdauer bei drei bis sechs Jahren – obschon es Berichte von Überlebenszeiten von 20 Jahren und mehr gibt.

Nach dem schwedischen Demenzregister starben Männer im Mittel 4,3 und Frauen rund 5,1 Jahre nach Diagnosestellung. Das Sterberisiko erhöhte sich mit steigendem Alter, der Anzahl an Komorbiditäten (Charlson-Komorbiditätsindex; CCI), dem Medikamentengebrauch und einem abnehmenden MMST-Score. Patienten, die zu Hause wohnten, lebten länger als Demenzkranke, die in Einrichtungen untergebracht waren.

Eine Alzheimer-Demenz dauert oft etwas länger als eine vaskuläre Demenz. Letztere kann stufenförmige Verläufe aufweisen und mit langen Phasen ohne Progredienz und Phasen leichter Besserung einhergehen [4,25].

Prophylaxe

Einer Demenz kann derzeit nicht sicher vorgebeugt werden. Es gibt jedoch unspezifische neuroprotektive Maßnahmen. Epidemiologischen Studien zufolge sind vor allem kardiovaskuläre Risikoerkrankungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus und Adipositas, Stoffwechselstörungen, systemische Intoxikationen, Lebensstilfaktoren wie Bewegungsmangel, bestimmte Ernährungsmuster („western diet“), Nikotinabusus, übermäßiger Alkoholkonsum, Depressionen, geringe soziale Aktivitäten und Integration sowie mangelnde geistige Aktivität mit einem erhöhten Risiko für Demenz assoziiert.

Präventiv wirkende Faktoren sind demnach:

  • körperliche Bewegung, sportliche Aktivität (Spazierengehen, Schwimmen, Radfahren, Tanzen, Wandern, Krafttraining, Gleichgewichtstraining)
  • kognitiv stimulierende Tätigkeiten, regelmäßige mentale Aktivität (Bildung, Kreuzworträtsel, Teilnahme an einem Computerkurs, Erlernen eines Instruments)
  • aktive Freizeitgestaltung (Lesen, Schreiben, Karten- oder Brettspiele, Musizieren)
  • ausgewogene Ernährung mit ausreichender Zufuhr von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen
  • soziale Integration (soziale Interaktionen, Gruppendiskussionen)
  • Normwerte von Gewicht, Blutdruck, Blutzucker und Lipiden sowie Therapie von Bluthochdruck, Diabetes, Durchblutungsstörungen und anderen Erkrankungen
  • medikamentöse Einstellung metabolischer und endokrinologischer Erkrankungen
  • weitestgehende Nikotin- und Alkoholabstinenz

Hinweise

Demenz betrifft nicht nur den Patienten selbst, sondern stellt auch Angehörige und Pflegepersonen vor eine große physische und psychische Herausforderung. Die Versorgung und Pflege eines Demenzerkrankten erfordern viel Engagement, Hingabe, Verzicht und das Zurückstellen eigener Bedürfnisse. Nicht selten kommen Ehepartner, Kinder und andere Familienangehörige an seelische und körperliche Grenzen. Hier können Informationsveranstaltungen und Dienste von Krankenkassen, Vereinen, Gesellschaften und Selbsthilfegruppen, Angebote von Tagespflegeeinrichtungen und Betreuungsgruppen sowie die Kurzzeit- und Urlaubs- bzw. Verhinderungspflege Beratung und Entlastung bieten.

Autor:

Dr. Christian Kretschmer (Arzt)

Stand:

12.05.2024

Quelle:

  1. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) et al.: S3-Leitlinie Demenzen. Stand 24. Januar 2016; abgerufen am 18. April 2022.
  2. Romero, B., Wenz, M. (2022): Demenz. In: Linden, M., Hautzinger, M. (Hrsg.): Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene, Psychotherapie: Praxis. Springer, Berlin, Heidelberg; S. 507–12; DOI: 10.1007/978-3-662-62298-8_83.
  3. Georges, J., Miller, O., Bintener, C. (2020): Estimating the prevalence of dementia in Europe. Alzheimer Europe, Dementia in Europe Yearbook 2019; DOI: 10.13140/RG.2.2.16880.81923.
  4. Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Informationsblatt 1: Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Juni 2020; abgerufen am 18. April 2022.
  5. Weltgesundheitsorganisation (WHO), Dementia: Key facts. 02. September 2021; abgerufen am 18. April 2022.
  6. Weltgesundheitsorganisation (WHO), Statusbericht: Global status report on the public health response to dementia. 01. September 2021; abgerufen am 18. April 2022.
  7. Weltgesundheitsorganisation (WHO), News: World failing to address dementia challenge. 02. September 2021; abgerufen am 18. April 2022.
  8. Alzheimer’s Disease International, Statistik: Dementia statistics, 2021; abgerufen am 18. April 2022.
  9. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung: Krebs war 2019 für ein Viertel aller Todesfälle in Deutschland verantwortlich. 03. Februar 2021; abgerufen am 18. April 2022.
  10. Reith, W., Mühl-Benninghaus, R. (2015): Differenzialdiagnose demenzieller Erkrankungen. Radiologe. 2015 May; 55(5):378–85; DOI: 10.1007/s00117-014-2799-z.
  11. Alzheimer’s Society, Demenztypen: Dementia with Lewy bodies (DLB): what is it and what causes it? 01. September 2021; abgerufen am 19. April 2022.
  12. Saberi, D. (2020): Zoom – Frontotemporale Demenz. DG Neurologie. 2020 Jul; 4:A3.
  13. Kukolja, J. (2018): Frontotemporale Demenz: Welche Klassifikation ist sinnvoll? NeuroTransmitter 2018; 29(9):33–7; DOI: 10.1007/s15016-018-6475-9.
  14. Dichgans M. et al. (2017): S1-Leitlinie Vaskuläre Demenzen. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.): Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie; 09. März 2017; abgerufen am 19. April 2022.
  15. Pham, A. N. Q. et al. (2021): Risk factors for incidence of dementia in primary care practice: a retrospective cohort study in older adults. Fam Pract. 2021 Dec; cmab168. DOI: 10.1093/fampra/cmab168.
  16. Alzheimer Forschung Initiative (AFI), Alzheimer: Wenn Gehirnzellen absterben – Veränderungen im Gehirn; abgerufen am 19. April 2022.
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  21. Block, F. (2018): Demenz. In: Block, F. (Hrsg.): Praxisbuch neurologische Pharmakotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg. DOI: 10.1007/978-3-662-55838-6_5.
  22. Alzheimer’s Society, Advice: How to know when a person with dementia is nearing the end of their life. 03. September 2021; abgerufen am 20. April 2022.
  23. Czech, J., Schulz, J. (2021): Demenzdiagnostik aus dem Blut - wo stehen wir? InFo Neurologie. 2021 Oct; 23:50–9; DOI: 10.1007/s15005-021-2027-0.
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Abbildung

Dr. Isabelle Viktoria Maucher; Biorender Adapted from “Risk Factors of Dementia”, by BioRender.com

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